Werden weniger rote Blutkörperchen hergestellt als verbraucht und abgebaut, leidet der Hund an einer Anämie. Dabei handelt es sich um ein Symptom und keine eigenständige Erkrankung. Um dem betroffenen Hund zu helfen, muss die Ursache diagnostiziert werden.
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Kennzeichen einer Anämie
Eine Anämie ist dadurch gekennzeichnet, dass zu wenig rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und roter Blutfarbstoff (Hämoglobin) im Blut enthalten sind. Am Hämatokrit-Wert kann man ablesen, wie hoch der Anteil der roten Blutzellen im Blut ist. Bei einem gesunden Hund liegt der Hämatokrit zwischen 44 und 57 Prozent. Niedrigere Werte sind Anzeichen einer Anämie.
Im Normalfall besteht ein Gleichgewicht aus Neubildung, Verbrauch und Abbau von roten Blutkörperchen. Ist eine dieser drei Komponenten gestört, tritt die Blutarmut ein. Die Anämie ist keine eigenständige Erkrankung, sondern das Symptom eines anderen Krankheitsprozesses. Es ist also nötig, zunächst die Grunderkrankung zu diagnostizieren, bevor man dem Hund mit einer geeigneten Therapie helfen kann. Befindet sich das Tier bereits in kritischem Zustand, wird es mit einer Transfusion stabilisiert.
Auswirkungen der Anämie auf die Gesundheit des Hundes
Die Erythrozyten werden im Rückenmark des Hundes gebildet und haben die Aufgabe, den Organismus ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Hämoglobin ist der eisenhaltige, rote Blutfarbstoff, der ebenfalls für eine gesunde Sauerstoffversorgung relevant ist. Eine Anämie führt also dazu, dass der gesamte Körper des Hundes nicht mehr optimal mit Sauerstoff versorgt wird. Dieser Zustand kann zu schweren Organschäden führen oder sogar akut lebensbedrohend sein.
Leidet der Hund unter einer Anämie, können folgende Symptome auftreten:
- Müdigkeit, Schwäche, Leistungsabfall
- Kollaps
- Appetitlosigkeit
- verstärktes Schlafbedürfnis
- blasse Schleimhäute
- erhöhte Atemfrequenz und Atemnot
- erhöhte Herzfrequenz
- geschwollene Lymphknoten
- vergrößerte Milz
- vergrößerte Leber
- Blut im Urin
- leichtes Fieber
Es ist nicht einfach, diese Symptome einer Blutarmut zuzuordnen, da auch die Grunderkrankung selbst Symptome hervorruft. Zeigt der Hund ein auffälliges Verhalten, sollte er auf jeden Fall einem Tierarzt vorgestellt werden.
Nicht immer steckt eine ernsthafte, potentiell lebensbedrohende Erkrankung hinter der Blutarmut. Auch eine Unterversorgung mit Eisen, Folsäure oder dem Vitamin B12 kann die Anämie verursachen. Allerdings sind die meisten Hunde heutzutage sehr gut genährt und Mangelerscheinungen deshalb eher selten. Besteht der Verdacht auf eine Blutarmut, sollte also möglichst schnell der Tierarzt konsultiert werden, denn eine Verschlimmerung kann erstens zum Kollaps führen und zweitens zur Verschleppung der Grunderkrankung. Wird beispielsweise eine Tumorerkrankung rechtzeitig entdeckt, sind die Heilungschancen wesentlich höher.
Welche Arten von Anämie werden unterschieden?
Eine einfache Blutuntersuchung zeigt, wie hoch der Hämatokrit ist und bei einem Wert unter 44 ist die Anämie bestätigt. Jetzt muss die Ursache, also die Grunderkrankung, festgestellt werden, damit eine geeignete Therapie eingeleitet werden kann.
Man unterscheidet zwei Arten der Anämie:
- Regenerative Anämie
- Nicht-regenerative Anämie
Regenerative Anämie
Diese Form der Blutarmut ist dadurch gekennzeichnet, dass es dem Organismus des Hundes gelingt, die Anämie selbst auszugleichen. Es werden vermehrt rote Blutkörperchen gebildet, was sich im Blutbild durch einen hohen Anteil junger Blutkörperchen zeigt. In diesem Fall spricht man von einer Blutungsanämie (hämolytische Anämie). Die Ursachen liegen in einem starken Blutverlust oder darin, dass die Erythrozyten zu schnell abgebaut werden.
Nicht-regenerative Anämie
Diese Form der Blutarmut entsteht, wenn das Knochenmark seine blutbildende Funktion nicht ausreichend erfüllen kann. Es sind unterschiedliche Ursachen denkbar und deshalb ist die Diagnose einer nicht-regenerativen Anämie schwierig. Da der Organismus den Mangel nicht ausgleichen kann, verschlimmern sich die Symptome oft sehr schnell.
Welche Krankheiten verursachen eine Anämie?
Bei einer Anämie ist das Gleichgewicht aus Bildung, Verbrauch und Abbau der roten Blutkörperchen gestört. Demzufolge können Krankheiten diesen drei Prozessen zugeordnet werden:
- Störungen der Blutbildung
- starker Blutverlust
- übermäßiger Abbau der Erythrozyten
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Störungen der Blutbildung
Es gibt verschiedene Grunderkrankungen, die sich negativ auf den Prozess der Blutbildung im Rückenmark auswirken:
- chronische Infektionen
- chronische Entzündungen
- Niereninsuffizienz
- Autoimmunerkrankungen
- Schilddrüsenunterfunktion
- Vergiftungen mit Chemikalien oder Toxinen
- Tumore im Rückenmark
- Mangel an Eisen, Folsäure oder Vitamin B12
Wird die Ursache festgestellt, kann in vielen Fällen eine geeignete Therapie eingeleitet werden, die einerseits die Krankheit und andererseits die dadurch ausgelöste Anämie beseitigt.
Starker Blutverlust
Erleidet der Hund einen starken Blutverlust, ist das mit einer akuten Anämie verbunden, die umgehend behandelt werden muss. Ursachen eines solchen Blutverlusts sind:
- Verletzungen
- Trauma
- Tumorerkrankungen in Milz, Niere, Blase oder Darm
- Krankheiten mit Blutgerinnungsstörungen
- Vergiftungen (beispielsweise mit Rattengift)
- Parasiten (Flöhe, Würmer, Zecken)
Übermäßiger Abbau der Erythrozyten
Normalerweise beträgt die Lebensdauer der roten Blutkörperchen beim Hund 100 bis 120 Tage. Ist die Lebenszeit der Erythrozyten verkürzt, bezeichnet man dies als Hämolyse.
Mögliche Ursachen dafür sind:
- Autoimmunerkrankungen
- Befall mit Blutparasiten wie Anaplasmen, Babesien, Ehrlichien
- Toxine und Chemikalien
- Tumore
Wie kann die zugrunde liegende Erkrankung diagnostiziert werden?
Besteht der Verdacht, dass der Hund an einer Blutarmut leidet, werden die Ärzte zunächst eine Blutuntersuchung vornehmen. Ein niedriger Hämatokrit bestätigt die Anämie und die differenzierte Blutanalyse kann außerdem Aufschluss über die Grunderkrankung geben. Autoimmunerkrankungen, Vergiftungen oder der Befall mit Parasiten lassen sich beispielsweise durch Blutuntersuchungen nachweisen.
Manchmal müssen jedoch weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um die Ursache zu ermitteln. Mit einem CT oder einem MRT kann man versteckte Blutungen finden und Organschäden diagnostizieren. In einigen Fällen ist es unumgänglich, dass die Ärzte eine Knochenmarkbiopsie durchführen, um die Ursache der Blutarmut festzustellen. Der Tierarzt benötigt viel Erfahrung, um möglichst schnell die Ursache der Anämie zu finden, denn nur dann kann die Blutarmut erfolgreich behandelt werden. Dabei muss außerdem beachtet werden, dass die Anämie auch temporär durch Fieber ausgelöst werden kann und die Untersuchungsergebnisse somit verfälscht sind.
Häufige Ursache der Anämie: Autoimmunerkrankungen
Bei einer Autoimmunerkrankung richten sich die Abwehrmechanismen gegen den eigenen Körper. Seit einigen Jahrzehnten ist bei Menschen und Tieren gleichermaßen eine Zunahme von Autoimmunerkrankungen festzustellen. Greift das Immunsystem die roten Blutkörperchen an und transportiert die veränderten Erythrozyten zur Milz, werden diese dort zerstört.
Um diesen Prozess zu unterbinden oder zumindest entscheidend zu verlangsamen, werden die Ärzte in einem solchen Fall sogenannte Immunsuppressiva verordnen. Damit wird die Abwehrreaktion des Immunsystems gedrosselt. Begleitend wird außerdem oft Kortison verschrieben, denn dadurch wird das Immunsystem ebenfalls in gewünschter Weise beeinflusst. Reicht eine medikamentöse Behandlung der Anämie nicht aus, muss die Milz komplett entfernt werden.
Behandlungsmöglichkeiten einer Anämie beim Hund
Da die Blutarmut ein Symptom und keine eigenständige Erkrankung ist, richtet sich die Behandlung danach, welche Krankheitsprozesse festgestellt wurden. Ist die Anämie bereits fortgeschritten oder aufgrund eines drastischen Blutverlustes besonders akut, muss zunächst eine Bluttransfusion erfolgen, um das Tier zu stabilisieren und die unmittelbare Lebensgefahr abzuwenden. Auf diese Weise wird wertvolle Zeit gewonnen, um entweder die Blutung zu stoppen oder die Grunderkrankung zu diagnostizieren.
Die Behandlungsmöglichkeiten sind so vielfältig wie die möglichen Ursachen der Blutarmut. Manchmal sind operative Eingriffe wie bei der Keratose nötig, um Tumore zu entfernen. Wird die Anämie durch eine Störung der Blutgerinnung verursacht, reicht in einigen Fällen bereits die Gabe von Vitamin K, um das Problem zu beheben.
Optimale Versorgung mit Nähr- und Vitalstoffen
Begleitend zur vom Tierarzt verordneten Therapie können Hundehalter durch eine optimale Versorgung des Tieres mit allen wichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen dafür sorgen, die gesundheitliche Verfassung des Hundes allgemein zu verbessern und die Rekonvaleszenz zu beschleunigen.
Sind bestimmte Hunderassen besonders gefährdet?
Grundsätzlich gehört die Anämie oder besser die Erkrankungen, die eine Anämie verursachen, nicht zu den Problemen, die durch Überzüchtungen bei bestimmten Rassen häufiger auftreten. Dennoch besteht bei einigen Rassen eine genetische Veranlagung, die das Auftreten gesundheitlicher Probleme dieser Art begünstigt. Eine auf einer Autoimmunerkrankung basierende Anämie wird besonders häufig beim Pudel, Cocker Spaniel oder Old English Sheep Dog festgestellt. Basenji, Beagle, Cairn Terrier und West Highland Terrier leiden überdurchschnittlich oft an einem angeborenen Enzymmangel, der einen übermäßig schnellen Abbau der roten Blutkörperchen verursacht.
Wie kann man seinen Hund vor einer Anämie schützen?
Eine allgemeine Prävention ist nicht möglich, da die Anämie Folge einer Grunderkrankung ist. Es ist jedoch wichtig, durch Vorsichtsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung zu verringern. Darauf zu achten, dass der Hund alle Impfungen bekommt, schützt ihn vor Infektionskrankheiten wie Staupe und Parvovirose, die eine Blutarmut verursachen. Außerdem ist eine regelmäßige Zeckenprophylaxe unverzichtbar, denn Zecken übertragen nicht nur die Borreliose, sondern auch Blutparasiten wie Anaplasmen, Babesien und Ehrlichien. Selbstverständlich sollten Hundehalter darauf achten, dass ihr Tier keinen Toxinen und schädlichen Chemikalien ausgesetzt wird.
Selbst bei bester Pflege ist jedoch nicht jede Krankheit vermeidbar. Wer den Verdacht hat, dass sein Hund unter einer Anämie leidet, sollte umgehend den Tierarzt aufsuchen, denn es kann relativ schnell zu einer Verschlimmerung des Zustands kommen. Gelingt es, den Hund zu stabilisieren und die Ursache zu diagnostizieren und zu behandeln, ist die Prognose jedoch gut.
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1 Kommentar
Dankeschön für diesen lehrreichen Beitrag 🙂