Wer kennt nicht die plakativen Beispiele irreführender Werbung aus den Berichten im Fernsehen? Hat man dann nicht ständig ein wenig Angst, im Supermarkt auf perfekt Irreführende Werbung zu treffen – und dem Nepper aufzusitzen? Für mich ist da viel Vertrauen verspielt worden und es bleibt ein ungutes Gefühl im Bauch beim Blick ins Regal. Oder wie geht es euch?
Inhaltsverzeichnis: Das erwartet Sie in diesem Artikel
Irreführende Werbung: Foodwatch zeigt mit dem Finger auf die Schlimmsten
Der gemeinnützige Verein Foodwatch verleiht einmal im Jahr den Negativpreis „Goldener Windbeutel“. Damit wird ein Lebensmittel „ausgezeichnet“, dessen Werbeversprechen ganz besonders dreist versucht, die Konsumenten zu täuschen. Ich frage mich: Führt das Fehlen einer Institution wie Foodwatch im Hundefutterbereich möglicherweise dazu, dass sich viele Hersteller mit immer dreisteren Werbeversprechen gegenseitig überbieten? Ist irreführende Werbung überhaupt zu stoppen?
Zu gut, um wahr zu sein?
Ich habe mich zunächst im Internet und anschließend im Zoofachhandel auf die Suche nach einem guten Hundefutter begeben und bin aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen, als ich Folgendes las: Kaltgepresstes Hundefutter, aus dem „saftigen Fleisch der Barbarie-Ente“ oder „aus dem feinen Fleisch französischer Charolais-Rinder“. Selbstverständlich mit „naturnaher Rezeptur“, „ursprünglichem Geschmack“ und „natürlichem Nährstoffgehalt“. Die Fleischauswahl könnte aus der Speisekarte eines 3-Sterne-Restaurants stammen, denke ich mir. Natürlich gönne ich meinem Hund den Genuss dieser Leckereien, allerdings will ich auch keiner Werbelüge aufsitzen.
Als Hobbykoch weiß ich, dass der Geschmack und die Nahrhaftigkeit einer Mahlzeit von der Qualität der Zutaten und der Zubereitungsmethode abhängen. Die Zutaten klingen vielversprechend, also habe ich mich über die Herstellungsmethode von kaltgepresstem Hundefutter informiert.
„Saftiges Fleisch der Barbarie-Ente“ in Wirklichkeit nur minderwertiges Fleischmehl:wer würde hier irreführende Werbung vermuten?
Kaltgepresstes Hundefutter wird durch Pelletierung hergestellt, eine in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts entstandene Form der Resteverwertung bzw. Abfallbeseitigung. Das lässt sich einfach erklären: Pelletierung gehört zur Agglomeration, was grob die Vergrößerung eines Partikels bedeutet. Vergrößert wird zum Beispiel der Abfall einer Sägemühle, also Sägemehl, wenn es zu Pellets gepresst wird. Auch Futtermittel für Rinder und Schweine werden häufig zu Pellets gepresst, um das Stauben des Futters zu mindern. Nicht anders sieht es bei „kaltgepresstem Hundefutter“ aus: Hier setzen sich die Pellets überwiegend aus Mehlen zusammen, etwa Fleischmehl, Maismehl, Reismehl, Pansenmehl, Knochenmehl oder Fischmehl.
Die Mehle werden gemischt und durch eine Stahlmatrize gepresst. Durch den Druck beim Pressen entsteht Wärme, die jedoch weit unter der Kochtemperatur liegt. Das hat findige Werbefachleute auf die Idee gebracht, pelletiertem Hundefutter den Namen „kaltgepresstes Hundefutter“ zu geben. Wer jetzt allerdings denkt, die Zutaten für kaltgepresstes Hundefutter würden durch die Pressung nur schonend erhitzt, der lässt außer acht, dass es sich bei den Zutaten um Mehle handelt, die zuvor selbst durch Hitze und hohen Druck hergestellt wurden.
Das Fleischmehl im „kaltgepressten Hundefutter“ entsteht beispielsweise, indem zunächst frisches Fleisch in einem Druckkessel bei mindestens 133° C und einem Druck von 3 bar mindestens 20 Minuten lang von Keimen befreit wird. Anschließend wird dem entkeimten Fleisch in einem Vakuumtrockner bei 100 bis 125° C der nährstoffreiche Fleischsaft entzogen. Danach kommt die getrocknete Rohmasse in eine Presse, wo ihr bei etwa 200 bar das natürliche Fett entzogen wird.
Bei Getreidemehlen ist es nicht viel anders: Auch Getreide wird durch Wärme verändert (aufgeschlossen), um für unsere Hunde überhaupt verdaubar zu werden.
Der Wassertest bestätigt: Kaltgepresstes Hundefutter besteht nur aus Mehlen
Ein beliebter Test im Internet ist es offenbar zu zeigen, dass kaltgepresstes Hundefutter im Vergleich zu extrudiertem Hundefutter nicht aufquillt. Ein erhellender Nebeneffekt dieses Tests ist, dass sich im Wasser die Pressung löst und dadurch sichtbar wird, was eigentlich gepresst wurde: Mehle.
Irreführende Werbung umgarnt uns oft in Momenten, in denen wir gerade keine Möglichkeit zu einer Überprüfung der Aussagen und Versprechungen haben. Wer hat am Regal im Markt schon Zeit und Lust, jede Herstellerangabe auf der Verpackung zu recherchieren? So hat es mancher Hersteller leicht, uns fies mit Werbeversprechen irrezuführen. Doch selbst zuhause und bei Betrachtung in aller Ruhe: würden wir jede irreführende Werbung als solche enttarnen?
Mit kaltgepresstem Hundefutter ernähren Sie Ihren Hund überwiegend mit Mehlen. Ist das artgerecht?
Der Wassertest offenbart die Werbelüge: Kaltgepresstes Hundefutter wird nicht aus „dem saftigen Fleisch der Barbarie-Ente“, dem „feinen Fleisch französischer Charolais-Rinder“ oder aus „zartem Hühnerfleisch“ hergestellt, sondern nur aus Fleischmehlen.
Fleischmehle sind viel geringerwertiger als frisches Fleisch:
- Fleischmehle entstehen nicht aus Muskelfleisch, sondern aus den Teilen des Tieres, die nicht für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind. Die Rede ist u.a. von Geflügelköpfen, Häuten und Fellen, Hörnern und Füßen, Schweineborsten, Federn und Blut.
- Fleischmehle entstehen durch mehrfaches Erhitzen über 100 ° Dabei wird der Fleischsaft (ist eigentlich sehr nährstoffreich) und das Fett (ein wichtiger Geschmacksträger) entzogen. Im Vergleich zu frischem Fleisch hat Fleischmehl einen höheren Aschegehalt, eine geringe Proteinverdaulichkeit und enthält weniger A, D und E-Vitamine.
Fleischmehl ist auch nicht Teil einer „naturnahen Rezeptur“ für einen Hund, denn Fleischmehl steht nicht auf dem Speiseplan des Wolfs.
Gibt es einen Weg, ehrliche Hundenahrung zu erkennen?
Jede Zubereitungsmethode hat ihre Grenzen, das ist in der Küche genauso wie in der Industrie. So wird Fleisch durch Kochen in der Regel nicht knusprig und Pelletieren, also das Kaltpressen von Hundefutter, ist technisch nur mit Mehlen möglich. Problematisch wird es, wenn die Verbraucher kein Hundefutter aus Mehl wollen. Gewöhnlich verschwinden Produkte wieder vom Markt, wenn sie keiner will. Hundefutter aus Mehl konnte bis heute vermutlich nur durch Verbrauchertäuschung überleben.
Ein Recherchebeispiel: Auf der Suche nach einer zeitgemäßen Zubereitungsmethoden bin ich auf die Fleischsaftgarung gestoßen. Zwei Besonderheiten vielen mir bei der Fleischsaftgarung auf den ersten Blick auf:
- Fleischsaftgarung ist eine Zubereitungsmethode von Hundennahrung aus Frischfleisch.
- Eine der renommiertesten Prüfstellen Deutschlands ist involviert.
Bei der Zubereitungsmethode Fleischsaftgarung ist Ehrlichkeit offensichtlich keine leere Behauptung. So lassen die herstellenden Unternehmen vom TÜV regelmäßig und unabhängig Proben der fleischsaftgegarten Hundenahrung nehmen und prüfen. Geprüft wird unter anderem, ob
- der beworbene Frischfleischanteil tatsächlich für die Zubereitung verwendet wird,
- die Deklaration korrekt ist und
- keine Belastungen für die Hundegesundheit entstehen, durch
- Schwermetalle (Arsen, Blei, Quecksilber, Cadmium),
- Mykotoxine (Aflatoxin B, G, Ochratoxin),
- Bakterien (Enterobakterien, coli, präsumtive Bacillus cereus, Staphylokokken, Clostridium perfringens, Salmonellen) sowie
- Hefenund Schimmelpilze.
Verbrauchervertrauen gibt es nicht durch Selbstkontrolle
Nur die regelmäßige und unabhängige Prüfung durch eine renommierte Prüfstelle schafft für den Verbraucher Transparenz und ermöglicht so eine informierte Kaufentscheidung – und damit einen Kauf ohne Einfluss der irreführenden Werbung. Dem Beispiel der Fleischsaftgarung folgend, könnten auch andere Zubereitungsmethoden von Hundefutter den Verbrauchern Transparenz bieten. Das wird jedoch nicht so ohne Weiteres passieren. Unternehmen fordern gerne blindes Vertrauen von den Verbrauchern, sind aber nur selten dazu bereit, dieses Vertrauen durch Transparenz zu verdienen. Der Verbraucher ist jetzt gefordert, echte Transparenz, die durch externe Prüfung entsteht, bei der Kaufentscheidung zu bevorzugen. Nur so lassen sich Unternehmen dazu bewegen mit offenen Karten zu spielen und das mit dem Testergebnis einer etablierten Prüforganisation zu belegen.
Wie kann man gegen irreführende Werbung tun?
Das Einzige, was rücksichtslose Hersteller fürchten, ist die Öffentlichkeit. Werden die Methoden und die Beispiele der irreführenden Werbung bekannt, werden die Hersteller oft schnell aktiv. Wer also den Eindruck gewinnt, dass es bei einem Produkt nicht mit rechten Dingen zugeht, der sollte sich am Besten direkt an den Händler wenden. Wenn der Händler das nicht ernst nimmt, sollte man den nächsten Schritt hin zur Behörde tun.
Die Behörde hat mehr Möglichkeiten. Dazu zählt auch eine Kontrolle des Händlers oder des Herstellers. Wenn es sich herausstellt, dass es sich tatsächlich um irreführende Werbung handelte, kann die Behörde eine Meldung an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) herausgeben. Auch ein Eintrag in die Datenbank des RASFF für Verstöße kann so die Folge sein. Der Gang zur Behörde ist wichtig, verwehrt man doch so den Schwarzen Schafen unter den Herstellern die Möglichkeit, uns weiter ungehindert mit ihrer irreführenden Werbung zu täuschen.
Ordnungsämter, Veterinärämter oder Eichämter sind in Deutschland Ansprechpartner für Verbraucher. Auch die Ämter für Lebensmittelüberwachung oder der Verbraucherschutz können Anlaufstellen sein. Welche Behörde man auswählt, hängt auch von der Art des erkannten Vorfalls ab. Außerdem bearbeiten die Behörden unsere Beschwerde kostenlos. Das gilt auch für eingereichte oder eingesandte Proben. Wenn wir auf unsere Beschwerde hin keine Rückmeldung erhalten, können wir uns auch nochmals an die Behörde wenden oder an den Verbraucherschutz.